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Pflanzenschutz im Wald: Die besten Mittel & Alternativen gegen Wildverbiss bei Jungpflanzen

Florian Aspalter
|
06.05.2025

Erfahrungen, Wirkstoffe, Maßnahmen und ihre Bewertung

Die Etablierung junger Forstpflanzen ist ein kritischer Moment in jedem Aufforstungsprojekt. Besonders in den ersten Jahren sind sie durch Wildverbiss und Fegeschäden gefährdet – insbesondere durch Rehwild, Rotwild und gelegentlich auch Hasen. Neben chemischen Schutzmitteln existieren zahlreiche alternative oder ergänzende Maßnahmen. In diesem Beitrag werfen wir einen differenzierten Blick auf bewährte Verfahren, ihre Wirksamkeit sowie deren Vor- und Nachteile aus praktischer Sicht.


1. Trico – der Marktführer unter den Verbissschutzmitteln

Trico ist ein pflanzliches Mittel auf Basis von Schafsfett und wird großflächig im Forst verwendet. Es wirkt durch Geruch und Geschmack abschreckend auf das Wild. Die Anwendung erfolgt in der Regel zwei Mal jährlich: im späten Winter (vor Austrieb) und im Spätherbst (nachdem die Jungtriebe verholzt sind).

Vorteile:

  • Wirksamkeit: Sehr gute Abschreckung gegenüber Reh- und Rotwild.
  • Umweltfreundlich: Pflanzlich basiert, kein Insektizid oder Fungizid.
  • Lang anhaltend: Bei guter Witterung hält der Schutz mehrere Monate.
  • Einfache Anwendung: Mit Rückenspritze oder Pinsel auf die Leittriebe auftragbar.

Nachteile:

  • Wetterabhängig: Bei starkem Regen oder Schnee verringert sich die Haltbarkeit.
  • Wiederholungsaufwand: Zwei Anwendungen pro Jahr sind meist nötig.
  • Kosten: Teurer als einige alternative Mittel.
  • Nicht universell: Wirkt z. B. gegen Fegen weniger zuverlässig als gegen Verbiss.

2. Schafwolle – die natürliche Barriere

Schafwolle wird als natürliche Verbiss- und Fegeschutzmaßnahme zunehmend geschätzt. Sie wird in kleinen Büscheln um den Leittrieb gebunden und wirkt durch ihren Geruch und die ungewohnte Textur abstoßend auf Wild.

Vorteile:

  • Biologisch abbaubar: Keine chemischen Rückstände im Wald.
  • Günstig und regional verfügbar: Vor allem in Schafhaltungsgebieten leicht beschaffbar.
  • Lang anhaltend: Hält auch bei Nässe relativ gut.
  • Doppelfunktion: Wirkt gegen Verbiss und zum Teil auch gegen Fegen.

Nachteile:

  • Arbeitsintensiv: Das Anbringen an jeder Pflanze ist zeitaufwendig.
  • Nicht standardisiert: Wirksamkeit hängt von Beschaffenheit und Geruch ab.
  • Hygiene & Lagerung: Kann bei falscher Lagerung schimmeln oder stinken.
  • Schädlingsrisiko: Kann Insekten oder Nagetiere anziehen, wenn nicht korrekt angewendet.

3. Einzäunung – der physische Rundumschutz

Zäune gelten als die sicherste Methode, um Wild von ganzen Pflanzflächen fernzuhalten. Dabei reicht das Spektrum von Knotengitterzäunen über Stromzäune bis hin zu temporären Wildschutznetzen.

Vorteile:

  • Sehr hoher Schutzfaktor: Effektiv gegen Verbiss und Fegen.
  • Langfristiger Nutzen: Bei guter Pflege über Jahre einsetzbar.
  • Großflächiger Schutz: Auch Naturverjüngung kann geschützt werden.

Nachteile:

  • Hohe Investitionskosten: Material- und Montagekosten sind erheblich.
  • Pflegeaufwand: Regelmäßige Kontrolle und Reparatur notwendig.
  • Eingriff ins Ökosystem: Beeinflusst Wildwechsel und Habitatnutzung.
  • Aufwändige Planung: Besonders bei Hanglagen oder schlechter Zugänglichkeit.

4. Einzelschutzmaßnahmen – Fokus auf Individualschutz

Neben der flächigen Einzäunung setzen viele auf Einzelschutz wie Wuchshüllen, Spiralhülsen oder Kunststoffmanschetten. Diese schützen einzelne Bäume und können gezielt bei wertvollen Arten eingesetzt werden.

Vorteile:

  • Gezielte Anwendung: Nur wertvolle oder gefährdete Pflanzen müssen geschützt werden.
  • Wiederverwendbarkeit: Viele Produkte sind mehrfach nutzbar.
  • Fegeschutz: Besonders robuste Hüllen schützen auch gegen Fegen.

Nachteile:

  • Arbeitsaufwand: Montage, Wartung und spätere Entfernung sind aufwendig.
  • Kosten pro Pflanze: Bei großen Stückzahlen schnell teuer.
  • Wuchsprobleme: Gefahr von Hitzestau, Pilzbefall oder Verformung bei falscher Anwendung.

5. Naturverjüngung mit Deckpflanzen (z. B. Heidelbeere)

Ein naturnaher Ansatz ist die Nutzung von Bodendeckern wie Heidelbeere, um Jungpflanzen in der Naturverjüngung optisch zu „verstecken“ und dadurch weniger attraktiv für Wild zu machen.

Vorteile:

  • Ökologisch wertvoll: Förderung von Biodiversität und Bodengesundheit.
  • Kostensparend: Kein zusätzlicher Materialeinsatz notwendig.
  • Langfristiger Effekt: Wenn erfolgreich, können stabile, standortangepasste Bestände entstehen.

Nachteile:

  • Unzuverlässig: Erfolg hängt stark vom Standort und Wilddruck ab.
  • Nicht steuerbar: Keine Garantie, dass das Wild wirklich fernbleibt.
  • Langsame Entwicklung: Naturverjüngung ist oft träge und schwer kalkulierbar.

6. Jagdliche Maßnahmen und Wildmanagement

Nicht zuletzt spielt das jagdliche Umfeld eine zentrale Rolle. Schwerpunktbejagung auf Aufforstungsflächen, Wildlenkung und der Einfluss über Jagdgenossenschaften sind entscheidend für den Erfolg von Pflanzmaßnahmen.

Vorteile:

  • Ganzheitlicher Ansatz: Behebt das Problem an der Wurzel.
  • Kombinierbar: Unterstützt alle anderen Schutzmaßnahmen.
  • Langfristige Wirkung: Reduzierter Wilddruck führt zu weniger Schäden.

Nachteile:

  • Abhängig von Akteuren: Jagdpraxis liegt oft nicht in der Hand der Waldbesitzer*innen.
  • Politisch sensibel: Interessenskonflikte mit Jagdpächtern möglich.
  • Langsamer Effekt: Populationsreduktionen zeigen sich oft erst nach Jahren.

Fazit: Der richtige Mix macht’s

Ein wirksamer Pflanzenschutz erfordert ein maßgeschneidertes Konzept, das die örtlichen Gegebenheiten, den Wildbestand, die Baumarten und das Budget berücksichtigt. In vielen Fällen ist die Kombination aus chemischem Schutzmittel wie Trico, natürlichen Mitteln wie Schafwolle, sowie technischen Maßnahmen (Zaun oder Einzelschutz) der erfolgversprechendste Weg.

Ergänzend dazu ist ein langfristiges Wildtiermanagement sowie die Förderung von Naturverjüngung sinnvoll – nicht nur zum Schutz der Pflanzen, sondern auch im Sinne eines stabilen und resilienten Waldes.

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